Online Services & Cloud Computing

Kein anderes Thema bestimmte 2023 die Diskussion in der IT-Branche so wie generative Künstliche Intelligenz, kurz GenAI. Der Hype um OpenAI, Gemini, Aleph Alpha oder Mistral zeigte nicht nur, was große Sprachmodelle inzwischen zu leisten vermögen. Zugleich wurde deutlich, wie einfach der Zugang zu ihnen geworden und wie einfach sie über APIs anzuwenden sind. Vom KI-Grundlagenmodell bis zu konkreten Business-Anwendungen, mit denen Unternehmen ihre Prozesse verbessern und ihre Produktivität steigern können, ist es allerdings noch ein relativ weiter Weg.

Doch solche Anwendungen werden in den kommenden Jahren in großer Zahl entstehen. Darin sind sich die Marktaugur:innen einig. Diesen Prozess werden wir als Verband aktiv begleiten und die Entwicklung von KI-Lösungen nach Kräften fördern. Unser Augenmerk gilt dabei den Infrastrukturen und Plattformen ebenso wie den Datenökosystemen und den rechtlichen Rahmenbedingungen. So konzipierten wir beispielsweise, aufbauend auf Erfahrungen aus erfolgreichen Projekten wie „Service-Meister“ und „Autowerkstatt 4.0“, die Initiative „KI in der Praxis“. In dieser Initiative, die Anfang 2024 gelauncht wurde, geht es vor allem um handhabbare Konzepte für den Mittelstand.

EuroCloud

Artificial Intelligence definierten wir im vergangenen Jahr auch bei EuroCloud Deutschland (unserem Tochterverband) neben Cybersecurity als eines der großen Fokusthemen. Bei allem Rummel um GenAI darf man eines nicht aus den Augen verlieren: Es ist die Cloud, durch die sich KI weltweit im Markt etablierte und durch die sie sich weiter durchsetzen wird. KI-Modelle werden in der Cloud trainiert, und sie werden über die Provider einer Masse von Nutzern zugänglich gemacht. Zudem werden KI-Anwendungen in der Cloud entwickelt und als SaaS-Anwendung bereitgestellt – sei es auf der Plattform eines Hyperscalers, sei es auf der eines regionalen Providers. Umgekehrt wird KI, insbesondere GenAI, die Cloud-Nutzung in den kommenden Jahren massiv vorantreiben. 

Für die Entwicklung und den Betrieb von KI-Anwendungen sind somit ausgeprägte Cloud-Fähigkeiten erforderlich. In der Hinsicht sind die Mitglieder der Initiative EuroCloud Native (ECN) hervorragend aufgestellt. Diesen Pionier:innen, die häufig noch klein sind, zu mehr Sichtbarkeit im Markt zu verhelfen, ist ein wesentliches Anliegen unserer Initiative. Interessanterweise handelt es sich bei den meisten Mitgliedern, die 2023 neu zu ECN hinzukamen, um Alliance Partner. Dass Systemhäuser, klassische Service Provider, Lösungsanbieter und Infrastruktur-Hersteller vermehrt den Austausch und die Kooperation mit Cloud Native-Spezialist:innen suchen, ist ein klares Indiz dafür, wie gefragt spezifische Cloud-Kompetenz inzwischen am Markt ist. Mit dieser Entwicklung setzten wir uns bei EuroCloud intensiv auseinand und werden auch 2024 die Vernetzung der Mitglieder unterschiedlichen Typs aktiv fördern.

Deutsche Unternehmen sehen Cloud-Technologien offenkundig nicht mehr nur als Tools an, mit denen sie ihren IT-Betrieb optimieren und Kosten senken können, sondern zunehmend als Enabler für digitale Geschäftsmodelle. Darauf deuten auch die Ergebnisse unserer Studie „ECN Pulse Check“ hin, die wir 2023 zu dritten Mal auflegten. Der wachsenden Bedeutung von Cloud Computing für die Digitalisierung von Wirtschaft und Öffentlichem Sektor trugen wir 2023 dadurch Rechnung, dass wir uns bei EuroCloud Deutschland personell verstärkten. Dr. Nils Kaufmann, der die ECN-Initiative mitgegründet und aufgebaut hat, wurde im August 2023 in den EuroCloud Deutschland-Vorstand berufen. Außerdem konnten wir mit Michael Hase, zuvor Chefreporter beim Fachmagazin IT-Business, im November einen ausgewiesenen Branchenexperten als Senior Projektmanager Eurocloud Deutschland gewinnen.

DE-CIX

Damit Organisationen jeglicher Art und Größe skalierbare und sichere digitale Services für ihre Mitarbeiter:innen und Kund:innen bereitstellen können, sind sie mehr denn je auf leistungsfähige Interkonnektivitätslösungen mit niedriger Latenz angewiesen. Wie sehr dieser Bedarf steigt, lässt sich am Wachstum des DE-CIX, des weltweit führenden Betreibers von Internet Exchanges (IXs), ablesen. So nahm der Datenaustausch über seine mehr als 50 Internetknoten im Jahr 2023 stark zu. Der weltweite Datenverkehr summierte sich im Jahresverlauf auf fast 60 Exabyte, was einem Plus von 23 % entspricht. In Spitzenzeiten flossen mehr als 16 Terabit pro Sekunde (Tbit/s) durch den DE-CIX Frankfurt, den größten Internetknoten Europas. Die angeschlossene Kundenkapazität wuchs um 14 % auf mehr als 140 Terabit/s.

DE-CIX erweiterte 2023 seine globale Präsenz um 14 Metro-Märkte auf über 50 Standorte von Nordamerika über Afrika, Europa und den Mittleren Osten bis nach Asien. Erstmals ergänzten 2023 drei sogenannte „Cloud Exchanges“, die in Tokio, Osaka und Seattle in Betrieb genommen wurden, das Geschäftsmodell. Damit reagierte der IX-Betreiber auf eine wachsende Nachfrage. So nahm die Anzahl an Cloud-Anbindungen gegenüber dem Vorjahr um 50 Prozent zu. Um Daten mit ihren jeweiligen Clouds auszutauschen, hatten Kund:innen zum Ende des Geschäftsjahrs fast 4 Terabit an Kapazität gebucht.

Die Nachfrage nach Cloud-Exchange-Services nahm 2023 in Deutschland ebenfalls um 50 Prozent zu. Insgesamt sind hierzulande rund 1.800 Netzwerke mit mehr als 86 Terabit Kundenkapazität an DE-CIX angebunden. Das Ökosystem verteilt sich über sechs Internetknoten in Frankfurt, Hamburg, München, Düsseldorf, Leipzig und dem Ruhrgebiet. Im vergangenen Jahr baute der Betreiber diese Infrastruktur weiter aus und bereitete die Inbetriebnahme eines siebten Internetknotens, und zwar in Hannover, vor. Der HAN-CIX, powered by DE-CIX, der sich im Rechenzentrum des eco-Mitglieds GRASS-MERKUR befindet, wurde im April 2024 offiziell eröffnet.

Felix Höger
Vorstand Online Services / Cloud Computing